Markus - mein neuer Pro


Meine zweite Golfsaison hat wahrlich nicht sehr erfolgreich begonnen. Von zirka zehn geschlagenen Bällen waren ganze acht getoppt und die zwei die ich richtig traf gingen mit erstaunlicher Regelmäßigkeit mal rechts, mal links. Ich verbrachte etliche Stunden auf der Drivingrange und übte und übte, wie besessen. Es stellten sich jedoch keine nennenswerten Ergebnisse ein. Das Gefühl, ich wäre ausschließlich am Golfplatz um den Ballautomaten mit Münzen zu füttern wurde immer stärker. Parallel dazu wuchs meine Frustration. Es kann doch nicht sein, dass neben mir entweder Kinder, deren Hölzer fast länger sind als sie hoch, oder ältere Mitglieder, die sich am Weg zum Ballautomaten an ihren Eisen abstützen, mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit ihre Bälle zum Fliegen bringen und ich nicht.

So kann es einfach nicht weitergehen. Es muss was getan werden.

Also beschloss ich mir einen Zehnerblock Unterrichtseinheiten unseres Head-Pros zuzulegen. Ich ging umgehend in unser Klubhaus und trug mich jeden Freitagnachmittag für eine Einheit bei unserem Head-Pro, Markus, ein. Dabei stellte ich fest, dass Markus ziemlich ausgebucht war. Der Junge hat fast täglich von 9.00 bis 19.00 zu tun. Was macht der bloß mit dem vielen Geld? Soll nicht meine Sorge sein, aber verlockend ist der Gedanke schon ebenfalls Pro zu werden. Den ganzen Tag in frischer Luft, Leute die ihre Freizeit sinnvoll gestalten wollen unterweisen, mit einem Auto herum zu fahren das mehr als mein Jahresgehalt kostet… aus! Um Pro zu werden sollte man Golfen können und bis dahin habe ich sicher noch genügend Zeit zu träumen.

Während ich nach freien Terminen suchte meinte unsere freundliche Rezeptionistin wohlwollend „Muss der Slice endlich weg?“. „Ja, ja, der Slice ist teuflisch“. Wenn sie wüsste, dass ich mich über fliegende Bälle freuen würde, auch wenn diese immer nach rechts fliegen. Das jedoch ist eine reine Privatsache und muss nicht näher erörtert werden, schließlich zieht sogar ein Tiger Woods einen Pro zu Rate. Also warum sollte ich dies nicht tun. War ihr Lächeln echt und ehrlich gemeint oder war es ein „Belächeln“? Es kann sicherlich nur eine Kleinigkeit sein, die Markus umstellt und schon fliegen meine Bälle.

Erste Einheit: ich bin überpünktlich auf der Range, habe einen vollen Kübel Bälle, einen Haufen Tees und strotze nur so vor Motivation. Da ist er ja! „Servus, ich bin der Markus, was hast denn da?“ er deutete auf meinen mühevoll hergerichteten Übungsplatz. „Das brauchen wir alles nicht. Ich habe dich schon länger beim Üben beobachtet. Gell, du hast einen Garten!“.
„Ja, hab ich, aber….“
„Darum traust du dich nicht in die Wiese zu hauen, haha“
Will mich der verarschen!
„Zeig her dein Setup“
Ich nahm brav meinen Stand ein, achtete auf meinen Griff und hatte das Gefühl da zu stehen als hätte ich in die Hose gemacht.
„Super, das langt für Handicap 18 allemal“
Na also, ich hab es ja gewusst, eine Kleinigkeit im Aufschwung, wahrscheinlich.
„Jetzt schwing, ohne Ball“
Gesagt, getan.
„Was war denn das jetzt? Willst du dir mit dem Schläger den Rücken kratzen? Aber das kommt später. Hau mit deinem Eisen, zirka 30 Zentimeter rechts von dir, in den Boden. Los!“
Ich schwang auf und ließ mein Eisen, an besagter Stelle, zu Boden krachen.
„Nein, wirklich reinhauen“
Nochmals, die anderen Übenden warfen erste interessierte Blicke auf mich. Kann Markus nicht leiser sprechen.
„Gib her!“ Er nahm mein Eisen 7 und schmetterte es zu Boden, dass ich Angst hatte es würde brechen.
„Der hält schon was aus. Los, jetzt du!“
Ich tat wie mir geheißen und fetzte mit aller Kraft mein Eisen zu Boden.
„Nochmals, immer wieder!“
Also stand ich unter den belustigten Blicken der Umstehenden da und haute wie ein Besessener in den Boden.
„Mama, schau, da übt ein Spastiker“
„Psst, es sind ja bald die Paraolympics“
Nachdem ich rechts von mir einen Krater herausgeschlagen hatte klopfte mir Markus auf die Schulter, „Okay, super, dann bis nächste Woche“
„Aber,….“
„Unsere Zeit ist um, verschieß deine Bälle, viel Spaß“, sprach´s und zog von dannen.
Was war denn das jetzt. Um mich zum Idioten zu machen brauche ich doch keinen Pro, das kann ich selber viel besser. Irgendwie ärgerte ich mich, als ich mir ein Zigarillo gönnte.
„Markus ist super“, sprach mich ein nebenstehender älterer Herr an, „Wirst sehen, in kurzer Zeit kannst es auch“.
Warum haben nur so viele Menschen das Bedürfnis sich mitzuteilen. Noch dazu zu Dingen, die sie nichts angehen.

Ich teete meinen ersten Ball auf zog auf und drosch unbewusst, wie zuvor in den Boden, darauf ein. Halleluja, der Schläger pfiff und traf mit einem satten Geräusch den Ball. Dieser stieg und stieg, bis über die Bäume. So schnell, wie an diesem Tag habe ich noch nie einen Kübel voller Bälle rausgejagt.

Das ist das Geheimnis, das dir keiner sagt! Nicht elegant schwingen, sondern hin dreschen, wie ein Holzhacker. Möglicherweise, wollen gute Golfer unter sich bleiben und verraten deshalb niemanden, dass sie brutale Schläger sind. Wahrscheinlich lachen sie auch noch hinterrücks über die dummen Anfänger, die brav schwingen und nichts zusammenbringen.

Genauso muss es sein!



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